Donnerstag, 14. Juni 2012
Stairway to heaven
Von Zeit zu Zeit zieht es mich ja mit Macht nordwärts, dorthin, wo einst die Schlotbarone regierten, die Krupps, Thyssens, Hoeschs und Mannesmänner. Da kommt dem Freund der Industrial-Musik die Stahlwerksinfonie in den Sinn, und die Füße pedalieren im Takt der "Machineries of Joy". So muss das sein, und in diesem Setting stört dann auch das graue und trübe Wette gleich viel weniger.

Heute ging es also auf den Magic Mountain Tiger & Turtle, eine imposante Landmarke auf der einstigen Schlackenhalde einer Zinkhütte in Duisburg-Hüttenheim, direkt gegenüber der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM). Auf diesem künstlichen Hügel steht seit November 2011 eine begehbare Großskulptur, eine Art Achterbahn für Fußgänger. Der Looping ist leider abgesperrt, aber der Erlebniswert des stählernen Großgeringels ist auch so schon beachtlich. Durch die Treppenstufen aus Gitterrost hat man überall klare Sicht nach unten, und wenn Wind weht oder ein paar Leute darauf herumturnen, dann wackelt das ganze Konstrukt aus verzinktem Stahl merklich.



Oben kurz vorm Looping kam ich mit einem Rentner aus Wanheim-Angerhausen (also in Spaziergang-Entfernung von da oben) ins Gespräch. Der hatte über 40 Jahre bei Berzelius, einer metallverarbeitenden Firma, malocht. Gibbet aber auch nicht mehr, allerdings zeigt Google Maps immer noch die Fortsetzung der Berzeliusstraße, wo heute der Hügel mit der begehbaren Achterbahn steht. Wie auch immer. Der Pensionär konnte mir jedenfalls beim Rundumgucken ganz genau sagen, was zu sehen ist (oder auch nicht mehr): Da drüben das Containerterminal, da war früher das Krupp-Stahlwerk Rheinhausen, daneben da ist schon Moers mit der Halde Rheinpreußen, weiter rechts, die Schlote, das müsste das Kraftwerk Walsum sein, da hinten, das gehört schon zu Oberhausen. Ich fragte dann, wie er als Anwohner denn zu diesem Magic Moutain stehe. Darauf er so: Mmmja, natürlich frage er sich schon, ob die Millionen nicht besser in Kindergärten und Schulen gesteckt worden wären. Andererseits wärs schon toll, was die hier aus der Halde gemacht haben, kämen ja jedes Wochenende viele Leute zum Gucken. Tja. Zuletzt gab er mir noch den Tipp, auf dem Rückweg unter der Kreisstraße hindurch dem Angerbach zur Mündung zu folgen, da gebe es einen schönen Aussichtspunkt auf den Rhein. Gesagt, getan, geguckt und geknipst:



Und als kleinen Bonus gibt's hier noch ein Großbild.

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Hört was die Alten sagen …

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Wir werden ja alle nicht jünger. ;-)

Aber grundsätzlich sehe ich es bei so einer Exkursion schon als Extrabonus, wenn jemand von dort einem was erzählen kann. Auch wenn das nicht nur schöne Geschichten sind. So erfuhren die Leutchen vor ein paar Jahren, dass sie absolut gar nichts mehr selbstangebautes aus ihrem Schrebergarten verzehren dürften, Bodenproben hätten hochgradige Verseuchung mit allerlei Gift und Schwermetall gezeigt. Dann habe er überlegt, wie viele Jahre man das Gemüse und den Salat schon gefuttert hätte, und bei der Arbeit sei er ja auch ständig dem üblen Zeug ausgesetzt gewesen, also eigentlich müsste er längst tot sein...

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Oha, als Einheimischer ...
... hätte ich ja gesacht, dass Rheinufer wäre auf dem kompletten Stück noch Werksgelände (und damit unzugänglich). Am besten gleich am Wochenende 'ne Expedition starten. Führt denn da von der Hauptstraße ein Weg den Angerbach entlang?

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Ja, der Weg bis zur Mündung
führt unter der K 2/Ehinger Straße durch. Und da kann man mit dem Rad oder zu Fuß auch runter von der Hauptstraße. An der Unterführung steht "Rheinportal Angerort 650 m". Halte ich aber für ziemlich übertrieben, mir erschien das (auch auf der Karte von Tante Gu) deutlich kürzer. Ist aber ein schöner Weg durch ziemlich viel Grün, das man zwischen der HKM und dem Gewerbe rechts gar nicht vermuten würde.

Bin dann auf dem Heimweg dem Angerbach auch noch ein ganzes Stück gefolgt, da fährt es sich deutlich netter als die Ehinger und Mannesmannstraße, zumal mir der Weg am neuen Angergraben entlang und über Heidberg zur B 8 Richtung Düdorf den Rheinbogen Mündelheim/Serm erspart.

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Das haben Sie mit Tiger and Turtle also gemeint. Hatte mich schon gewundert. Kannte ich bislang noch nicht. Was es in der Nähe nicht so alles gibt. Sagenhaft! Ist bereits auf der Liste noch zu besuchender Ausflugsziele in der näheren Umgebung notiert.

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@cut:
Nur zu, die Strecke lässt sich auch recht locker radeln, dafür braucht es keine Kondition à la Aphro-Child. Zum Rheinorange an der Ruhrmündung ist es von da aus auch nur noch ein Katzensprung.

Am 30.6. ist übrigens Nacht der Industriekultur, wenn ich die einschlägigen Plakate im Vorbeifahren richtig entziffert habe...

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Auf den ersten Blick ein eindrucksvolles Gebilde. Beim zweiten Nachdenken und nochmaligen Überprüfen, dass ich wirklich richtig gelesen habe: "Millionen" (!), meine ich, dass man dann doch darauf verzichten kann, so etwas zu bauen.

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@kreuzbube:
Bin da - wie der Anwohner auch, mit dem ich sprach - durchaus im Zwiespalt. Dass es der Bevölkerung dienlichere Verwendungszwecke für das ganze Geld gegeben hätte, wird wohl niemand bestreiten, der bei halbwegs klarem Verstand ist. Andererseits sind solche Ankerpunkte auch nicht ganz bedeutungslos für das Selbstverständnis und die Außenwirkung der Region. Schwierige Abwägung.

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Mark793 schnelle als ein D-Zug
Schlage ich doch heute im Zug das DB Magazin auf und was sehe ich: den begehbaren Looping,von dem hier schon alles gelesen hatte !

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Wirklich schnell
war ich damit aber auch nicht. Hatte das Thema schon seit November auf dem Zettel (nach dem Motto: Da müsste man doch mal hin...), als ich das Ding paar Tage vor der offiziellen Eröffnung mehr oder weniger zufällig beim Vorbeiradeln auf dem Hügel sah.

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